Verkehr effizient organisieren
Weniger Flüge, mehr Passagiere
Das Prinzip ist einfach: Je mehr Menschen dasselbe Verkehrsmittel nutzen, umso weniger Energie wird pro Kopf benötigt. Gleiches gilt für Fluglärm: Wer Verkehre intelligent bündelt und Flugzeuge gut auslastet, vermeidet zusätzliche Flüge und somit Fluglärm.
Jeder Flug, der nicht stattfinden muss, entlastet die Bewohner im Flughafenumland von Fluglärm. Luftverkehr so zu organisieren, dass Flugzeuge voll mit Passagieren besetzt sind, macht zusätzliche Flüge überflüssig und verhindert unnötigen Fluglärm.
Im Luftverkehr bedeuten steigende Passagierzahlen heute nicht mehr automatisch stark wachsende Flugbewegungen. Das heißt: An deutschen Flughäfen werden heute deutlich mehr Passagiere und Fracht transportiert als noch vor 30 Jahren, aber die Flugbewegungen sind nicht in gleichem Maße gestiegen. 1991 gab es in Deutschland 77 Millionen Passagiere. Bis 2023 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt, auf 194 Millionen Passagiere – ein Plus von 150 Prozent. Die Flugbewegungen sind lediglich um 46 Prozent angestiegen.
Passagierzahlen steigen stärker als Flugbewegungen #passagierzahlen_steigen_staerker_als_flugbewegungen
Deutschland gesamt,1991 =100%
Dieser Zusammenhang lässt sich leicht erklären: Pro Flug sitzen heute in Deutschland fast
doppelt so viele Passagiere in einem Flugzeug als noch vor 20 Jahren. Zum einen nutzen Fluggesellschaften zunehmend größere Flugzeuge, mit denen sie mehr Menschen auf einmal transportieren können. Zum anderen haben die Fluggesellschaften weltweit ihre Auslastung kontinuierlich verbessern können.
Flugzeuge sind kontinuierlich besser ausgelastet #flugzeuge_sind_kontinuierlich_besser_ausgelastet
Quelle: International Air Transport Association (IATA)
Mit 82,5 Prozent ist das Flugzeug von allen Verkehrsträgern heute am besten ausgelastet. Zum Vergleich: Deutsche Fernverkehrszüge sind zu 56,1 Prozent besetzt, in Autos sitzen im Schnitt 1,5 Personen – das entspricht einer Auslastung von rund 30 Prozent. Und im Öffentlichen Personennahverkehr, also in S-Bahnen, U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen, sind gerade einmal 23 Prozent der Sitze belegt, das heißt noch nicht einmal jeder vierte.
Wie erreicht der Luftverkehr diese guten Auslastungswerte? Auf der einen Seite durch eine gute Kapazitätsplanung. Gerade vorwiegend touristische Fluggesellschaften wie Condor und TUIfly weisen hohe Auslastungsraten auf. Sie verbessern ihre Flugplanung kontinuierlich und versuchen, möglichst alle Sitze zu verkaufen. Zu Gute kommt ihnen hierbei, dass sie ihr Sitzplatzangebot stark saisonal an dem tatsächlichen Bedarf von Reiseveranstaltern ausrichten können. Diese kaufen den Ferienfluggesellschaften große Teile des Sitzplatzangebots bereits lange vor dem eigentlichen Reisezeitpunkt ab. Auf der anderen Seite durch ein effizientes System von Drehkreuz- und Zubringerflughäfen, das in Deutschland vor allem Linienfluggesellschaften wie Lufthansa nutzen.
Bitte umsteigen! – Drehkreuze bündeln Passagierströme #bitte_umsteigen_drehkreuze_buendeln_passagierstroeme
Lufthansa verknüpft viele Ziele in der ganzen Welt, indem sie einen Großteil ihrer Verkehre über Drehkreuzflughäfen abwickelt. Was bedeutet das? Von Deutschland aus startet Lufthansa nach Asien oder Amerika ausschließlich von den Flughäfen Frankfurt und München. Reisende aus anderen deutschen Städten werden zuvor mit Zubringerflügen an die Drehkreuze gebracht und steigen dort um. Verbindungen von anderen Flughäfen – zum Beispiel von Münster/Osnabrück nach Tokio – werden nicht direkt angeboten, sondern führen über einen der Drehkreuzflughäfen.
So werden Verkehre an Drehkreuzen effizient gebündelt. Nicht umsonst wird das Thema Fluglärm gerade an diesen Standorten besonders intensiv diskutiert. Bezogen auf das Gesamtsystem Luftverkehr wirkt das Drehkreuzprinzip jedoch lärmmindernd. Denn im Gegensatz zum sogenannten Punkt-zu-Punkt-Verkehr, bei dem alle Städte direkt durch Flüge miteinander verbunden werden, sind beim Umsteigeverkehr insgesamt deutlich weniger Flüge notwendig, um alle Städte miteinander zu verbinden. Die Grafik verdeutlicht das Prinzip: Werden zehn Flughäfen durch direkte Flüge miteinander verknüpft, erfordert dies insgesamt 90 Flüge mit 180 Lärmereignissen – je ein Start und eine Landung. Werden diese Flughäfen aber durch ein Drehkreuz miteinander verbunden, sind nur 18 Flüge mit 36 Lärmereignissen notwendig.
Noch deutlicher wird dies, wenn man sich den Unterschied zwischen dem Punkt-zu-Punkt-Prinzip und dem Drehkreuzprinzip für einen konkreten Fall anschaut. In der folgenden Grafik sind fünf Standorte eingezeichnet, von denen acht außereuropäische Ziele erreicht werden sollen. Im Punkt-zu-Punkt-Verkehr wären hierfür 40 Flüge notwendig. Über einen Drehkreuzflughafen wie zum Beispiel in Frankfurt lässt sich die gleiche Anzahl von Verbindungen mit zwölf Flugbewegungen erreichen.
Bündelung von Verkehr minimiert Zahl der Lärmereignisse #buendelung_von_verkehr_minimiert_zahl_der_laermereignisse
Verknüpfung von zwölf Flughäfen im Punkt-zu-Punkt- und im Drehkreuz-Modell
Das Drehkreuzprinzip führt also dazu, dass im Gesamtsystem Luftverkehr weniger Flüge notwendig sind, um Flughäfen miteinander zu verbinden. Hinzu kommt eine bessere Auslastung der Flugzeuge durch die Verkehrsbündelung am Drehkreuz - das bedeutet weniger Flugbewegungen, weniger Lärmereignisse und mehr Effizienz.
Verkehrsverlagerung – eine Alternative für weniger Lärm? #verkehrsverlagerung_eine_alternative_fuer_weniger_laerm
In umweltpolitischen Diskussionen darüber, wie sich negative Folgen von wachsendem Verkehr eingrenzen lassen, werden häufig drei Strategien genannt: Verkehr vermeiden, Verkehr verlagern, Verkehr verbessern. Flugzeuge optimal auszulasten und Verkehre effizient über Drehkreuze abzuwickeln, ist eindeutig dem dritten Ansatz zuzuordnen – der Verbesserung des Verkehrssystems. Diese Maßnahmen zielen darauf, möglichst viele Menschen mit möglichst wenig Flugbewegungen – und damit Lärmereignissen – an ihr Ziel zu bringen. In der Debatte gibt es aber auch Stimmen, die bezweifeln, dass Strategien zur Verbesserung von Verkehr ausreichen. Häufig heißt es dann: Wirksamer sei es, möglichst viel Verkehr aus der Luft auf andere Verkehrsträger zu verlagern.
Doch schon eine oberflächliche Betrachtung zeigt, dass die Verlagerung von Verkehr das Problem Fluglärm nicht lösen kann. Ein Beispiel: Transportiert man 200 Passagiere mit einer A321 von Hamburg nach München, dann erzeugt man genau zwei Lärmereignisse – eines beim Start und eines bei der Landung. Denn haben Flugzeuge ihre Reiseflughöhe erreicht, sind sie am Boden kaum noch zu hören, bis sie zur Landung ansetzen. Was passiert, wenn die gleiche Anzahl von Menschen die Strecke mit einem ICE zurücklegt oder verteilt auf Busse und Autos? In beiden Fällen wird eine Lärmschleppe von mehreren hundert Kilometern durch das ganze Land gezogen.
Fluglärm ist auf die Flughafenregionen begrenzt #fluglaerm_ist_auf_die_flughafenregionen_begrenzt
Straßen- und Schienenverkehr verursachen entlang der gesamten Wegstrecke Lärm
Quelle: Google Maps, Deutsche Bahn
Im Hinblick auf das Ziel, die Lärmbelastung zu verringern, ist Verkehrsverlagerung also keine erfolgsversprechende Strategie. Im Ergebnis würde nicht weniger Lärm entstehen, sondern mehr Lärm. Und schon heute sind nach Angaben des Umweltbundesamtes 20 Mal mehr Menschen von Straßenlärm und fast 5 Mal mehr Menschen von Schienenlärm betroffen als von Fluglärm.