Weniger Lärm an den Triebwerken
Triebwerke verleihen Flugzeugen den notwendigen Schub. Dabei werden große Mengen Luft vom Triebwerk angesaugt und wieder ausgeblasen. Dadurch entsteht Lärm, insbesondere beim Start. Flugzeug- und Triebwerkshersteller arbeiten seit jeher daran, mit verbesserten Technologien den Triebwerkslärm zu reduzieren: Dies hat entscheidend dazu beigetragen, dass Flugzeuge in den letzten 60 Jahren um 88 Prozent leiser geworden sind.
Triebwerke sind eine der wesentlichen Lärmquellen am Flugzeug. Insbesondere beim Start erzeugen sie den meisten Lärm. Die Triebwerksgeräusche stammen von sich drehenden Bauteilen und von Druckschwankungen, die beim Aufeinanderprallen des heißen, beschleunigten Abgasstrahls auf die kältere Umgebungsluft entstehen. Gleichzeitig sind die Triebwerke der Bereich des Flugzeuges, an dem die Hersteller in der Vergangenheit die größten Beiträge zur Lärmreduktion erzielen konnten. In den vergangenen 60 Jahren haben sich die Lärmemissionen von Flugzeugen um rund 30 Dezibel verringert, was einer Reduktion von 88 Prozent entspricht. Entscheidend dafür waren vor allem die technischen Verbesserungen an den Triebwerken. Neue technische Ansätze versprechen, dass sie in Zukunft noch leiser werden.
Lärmentwicklung von Flugzeugen bis heute: Minus 30 dB #laermentwicklung-bis-2030
Minus 30 dB entspricht einer Lärmreduzierung um rund 88 Prozent
Quelle: eigene Berechnung auf Grundlage der ICAO Noise Certification Database
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Triebwerkstechnologie: Lärmteppiche schrumpfen durch neue Ansätze #triebwerkstechnologie-laermteppiche-schrumpfen-durch-neue-ansaetze
Bei den bisherigen Mantelstromtriebwerken waren die wichtigsten Bauteile – der Fan, der Verdichter und die Turbine – auf einer gemeinsamen Achse fest miteinander verbunden. Für einen optimalen Wirkungsgrad und möglichst niedrige Lärmemissionen muss der Fan jedoch deutlich langsamer laufen als Verdichter und Turbine. Mit neuen Technologien versuchen die Triebwerkshersteller, dieses Problem zu lösen. Zudem versuchen Ingenieure, das Nebenstromverhältnis der Triebwerke immer mehr zu erhöhen, also das Verhältnis des kalten und verhältnismäßig langsamen Nebenstroms zum heißen und stark beschleunigten Abgasstrahl der Brennkammer. Denn mit steigendem Nebenstromverhältnis wird die Schallemission drastisch reduziert. Dabei werden aktuell zwei verschiedene Ansätze verfolgt.
Ein Technologiesprung ist den Triebwerkherstellern MTU Aero Engines und Pratt & Whitney mit dem sogenannten Getriebefan gelungen. Dieser neue Triebwerkstyp sorgt dafür, dass Fan, Verdichter und Turbine nun in ihren jeweils optimalen Drehzahlbereichen arbeiten können. Dies wird dadurch erreicht, dass zwischen Niederdruckverdichter und Fan ein Getriebe eingefügt wurde. So kann der Fan etwa dreimal langsamer rotieren als Verdichter und Turbine.
Weniger Fluglärm durch optimale Drehzahlen #weniger-fluglaerm-durch-optimale-drehzahlen
Zwischen Niederdruckverdichter und Fan wurde ein Getriebe eingefügt
Im Gegensatz zu herkömmlichen Triebwerken erzeugt der Getriebefan hochfrequente Töne. Diese liegen zum Teil außerhalb des menschlichen Hörbereichs und werden von der Luft stärker gedämpft als tiefere Töne. Der Fluglärm sinkt damit erheblich. So verkleinert sich der Lärmteppich – also der lärmbetroffene Bereich im Flughafenumfeld – während des Starts um rund 70 Prozent. Flughafenanwohner werden also deutlich entlastet. Auf den in der Grafik eingefärbten Flächen beträgt der Lärm startender Maschinen 75 Dezibel, das entspricht dem Geräusch eines Autos in 25 Metern Entfernung, das mit 60 Stundenkilometern unterwegs ist.
Weniger Fluglärm durch Getriebefan-Triebwerke #weniger-fluglaerm-durch-getriebefan-triebwerke
Ausbreitung der Fluggeräusche beim Start
Quelle: nach Informationen der MTU Aero Engines | Kartenmaterial: OpenStreetMap.org
Die Nachfrage ist hoch: Flugzeughersteller und Fluggesellschaften haben tausende Getriebefans bestellt. Der erste Flugzeugtyp, der mit diesem Triebwerk ausgestattet wurde, ist die Bombardier CSeries. Auch Flugzeuge der Airbus-A320neo-Familie und die Embraer-E2 nutzen dieses Triebwerk.
Der Triebwerkshersteller Rolls-Royce verfolgt einen anderen Ansatz. In seinen Großtriebwerken der Trent-Baureihe nutzt er drei ineinander verlaufende Wellen, um die einzelnen Systeme – Nieder-, Mittel- und Hochdrucksystem – in ihren optimalen aerodynamischen Geschwindigkeitsbereichen rotieren zu lassen. Dadurch wird nicht nur ein sehr hoher Effizienzgrad erreicht, sondern auch der Lärm erheblich reduziert. Die Trent-Triebwerke werden unter anderem bei modernen Langstreckenflugzeugen der Modellreihen Airbus A350, Airbus A380 und Boeing 787 eingesetzt. Die nächste Triebwerksgeneration bei Rolls Royce ist der Ultra-Fan. Er weist durch den Einsatz eines Getriebes im Vergleich zum vorherigen Trent 700 Triebwerk einen um 25 Prozent niedrigeren Verbrauch auf. Der Ultra-Fan ist skalierbar für verschiedene Schubklassen und damit sowohl für Schmalrumpfflugzeuge (Single Aisle) als auch für Großraumflugzeuge eine Option. Es soll Mitte der 2020er Jahre verfügbar sein.
Weniger Fluglärm durch Trent-Triebwerke #weniger-fluglaerm-durch-trent-triebwerke
Nieder-, Mittel- und Hochdrucksystem sind jeweils auf eigener Welle angebracht
Quelle: Rolls-Royce
Auch das Joint Venture CFM International baut mit dem LEAP-Triebwerk ein gegenüber seinem Vorgänger CFM56 deutlich leiseres Triebwerk. Bei diesem Modell wird das Nebenstromverhältnis wesentlich erhöht, womit die beim Start verursachten Lärmteppiche um bis zu 75 Prozent reduziert werden können. Fortschrittliche Materialien wie Kohle- und Keramikfaserverbundwerkstoffe, eine neuartige Brennkammer sowie ein Fan mit großem Durchmesser helfen außerdem dabei, den Kraftstoffverbrauch gegenüber gebräuchlichen CFM-Triebwerken um 15 Prozent und den Stickoxidausstoß sogar auf die Hälfte des erlaubten Standards zu reduzieren. Mit dem eingesparten Kraftstoff kann darüber hinaus der CO2-Ausstoß um 15 Prozent verringert werden. Das neue LEAP-Triebwerk wird für die Flugzeuge Airbus A320neo, Boeing 737 MAX und COMAC C919 angeboten.
Chevron-Düsen: Leisere Luftvermischung #chevron-duesen-leisere-luftvermischung
Lärm entsteht nicht nur innerhalb der Triebwerke, sondern auch, wenn der heiße Abgasstrahl und der vom Fan beschleunigte Nebenstrom auf die kühlere Umgebungsluft treffen. Um den Nebenstrom besser mit der Umgebungsluft zu vermischen, haben Ingenieure sägezahnartige Austrittskanten an den Triebwerken entwickelt. So werden entstehende Turbulenzen minimiert und Lärmemissionen gesenkt. Überflugmessungen von Lufthansa und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben gezeigt, dass diese sogenannten Chevron-Düsen den Strahllärm eines Airbus A319-Triebwerks um etwa 1 Dezibel senken können. Der Flugzeughersteller Boeing setzt dieses Konzept zunehmend ein, etwa bei Maschinen des Typs Boeing 747-8I.
Das Prinzip haben sich die Ingenieure bei der Natur abgeschaut. Eulen sind unter anderem deshalb so erfolgreiche Jäger, weil Beutetiere sie im Flug kaum hören. Ihre Flügelspitzen sind gefächert und teilen große Luftwirbel in viele kleinere auf – das gleiche Prinzip kommt bei der Chevron-Düse zum Einsatz.
Weiterführende Informationen
- Triebwerksinnovationen von MTU Aero Engines
- Triebwerksinnovationen von Rolls-Royce (Englisch)
- Triebwerksinnovationen von Pratt & Whitney (Englisch)
- Triebwerksinnovationen von General Electric (Englisch)
- Rolls Royce: Auf der Reise durch ein Turbofan-Triebwerk
- Pratt & Whitney: Funktionsweise des Getriebefans (Video, Englisch)