Passiver Schallschutz schützt vor unvermeidbarem Lärm
Der Fachbegriff „Passiver Schallschutz" steht für bauliche Maßnahmen, die den Lärm am Ort seiner Einwirkung mindern. Die deutschen Flughäfen haben rund 1,15 Milliarden Euro in passive Schallschutzmaßnahmen investiert. Auch zukünftig sind die Flughäfen bereit, hohe Summen für den Lärmschutz aufzuwenden. Finanziert werden die Schallschutzmaßnahmen über zweckgebundene Entgelte an den jeweiligen Flughäfen, die die Fluggesellschaften zahlen müssen.
Wo sich Fluglärm nicht durch aktive Maßnahmen vermeiden lässt, bietet der passive Schallschutz eine Möglichkeit, die Belastung der Bevölkerung deutlich zu verringern. Das Prinzip: Bauliche Maßnahmen an Gebäuden halten den Lärm aus Wohninnenräumen fern. Auch mit der Errichtung spezieller Lärmschutzbauten an den Flughäfen, wie zum Beispiel Hallen für Triebwerksprobeläufe, werden die Menschen vor übermäßigem Schall geschützt. Das Geld für den passiven Schallschutz stellen die Flughäfen beziehungsweise die Fluggesellschaften über die Flughafenentgelte bereit. Damit ist der Luftverkehr der einzige Verkehrsträger, der die Kosten für den Schallschutz selbst trägt. Für den Straßen- und für den Schienenverkehr wird der Schallschutz aus Steuergeldern und somit von der Allgemeinheit bezahlt.
Die deutschen Flughäfen haben in den vergangenen Jahrzehnten etwa 1,15 Milliarden Euro für passive Schallschutzmaßnahmen ausgegeben. In der Umgebung des Flughafens Frankfurt wurden zum Beispiel 13.380 Wohneinheiten und Einrichtungen mit Schallschutzvorkehrungen wie schallisolierenden Fenstern, Rollladenkästen und Belüftungseinrichtungen ausgestattet. Die weitere Umsetzung des seit 2007 geltenden Fluglärmschutzgesetzes macht mit seinen verschärften Anforderungen in den kommenden Jahren noch einmal Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe erforderlich. Die hessische Landesregierung hat ihren besonders von Fluglärm belasteten Kommunen zusätzlich bis 2026 insgesamt 45,3 Millionen Euro zugesichert. Die Kommunen erhalten diese finanzielle Unterstützung für Maßnahmen, die zur Abmilderung von Fluglärmfolgen und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
Schallschutzausgaben des Luftverkehrs von 1975 bis 2022 #schallschutzausgaben_des_luftverkehrs
Quelle: Flughafenverband ADV, Stand 2022
Wenn der Lärm am Boden entsteht #wenn_der_laerm_am_boden_entsteht
Im Prinzip wird der Schutz vor Fluglärm mittels baulicher Maßnahmen auf zwei Feldern verwirklicht: auf dem Flughafengelände selbst und als passiver Lärmschutz an Gebäuden in den gesetzlich festgelegten Schutzzonen der Umgebung. Auf dem Flughafengelände geht es im Wesentlichen um Lärm, der am Boden entsteht. Eine maßgebliche Lärmquelle sind Testläufe von Triebwerken. Um diesen Lärm einzudämmen, haben einige Flughäfen um die Teststände herum schalldämmende Gebäude beziehungsweise Lärmschutzanlagen gebaut, so dass der Lärm abgeschirmt wird und gar nicht erst in der vollen Lautstärke in die Nachbarschaft gelangt.
Schallschutzhalle für Triebwerkstests #schallschutzhalle_fuer_tirebwerkstests
Lärmreduktion am Flughafen Hamburg
Foto: Michael Penner
Solche Lärmschutzhallen gibt es etwa an den Flughäfen Hamburg, München, Düsseldorf und Leipzig/Halle sowie in modifizierter Form, als Abschirmwand, am Flughafen Frankfurt. Die folgende Grafik zeigt für den Flughafen Hamburg die lärmabsorbierende Wirkung des Hallengebäudes: Die Lärmausbreitung beschränkt sich auf das unmittelbare Flughafengelände.
Indoor-Triebwerktests verringern Lärmausbreitung #indoor_triebwerkstests_verringern_laermausbreitung
Auswirkungen vor und nach dem Bau der Lärmschutzhalle am Flughafen Hamburg
Quelle: Flughafen Hamburg GmbH | Kartenmaterial: OpenStreetMap.org
An einigen Flughäfen wurden auch Erdwälle oder Schallschutzmauern aus Beton, Recycling-Werkstoffen und Glas errichtet, um die Ausbreitung des Lärms über die Grenzen des Flughafengeländes hinaus zu reduzieren. So verhindern an den Flughäfen Frankfurt und Leipzig/Halle Schallschutzmauern, dass sich der Lärm vom Flughafengelände in Richtung Wohngebiete ausbreitet.
Wenn der Lärm von oben kommt #wenn_der_laerm_von_oben_kommt
Wenn das Flugzeug erst einmal abgehoben ist, kommt der Lärm beim Start- und Landevorgang von oben, und mit Lärmschutzwänden oder Erdwällen ist wenig gegen ihn auszurichten. Dann ist passiver Lärmschutz an Gebäuden notwendig, damit in den Wohninnenräumen möglichst wenig Lärm ankommt. Das können Schallschutzfenster oder gedämmte Dächer leisten. Für Schlafräume sind schallgedämmte Lüftungseinrichtungen erforderlich, damit auch bei geschlossenem Fenster für Frischluft gesorgt ist. Beispielsweise werden im Zuge der Umsetzung des Schallschutzprogramms rund um den Berliner Flughafen BER Schalldämmlüfter eingebaut, die für eine Frischluftzufuhr bei geschlossenen Fenstern und für eine Schalldämmung von 53-58 dB sorgt. Zusätzlich kann 85 Prozent der Wärme zurückgewonnen werden. Die folgende Grafik zeigt, welche grundsätzlichen Möglichkeiten es für den passiven Schallschutz an Wohngebäuden gibt. Durch den Klick auf ein Bauelement öffnet sich ein Fenster mit zusätzlichen Informationen.
Passiver Schallschutz #passiver_schallschutz_am_haus
Bitte JavaScript aktivieren!
Um die Informationsgrafiken in vollem Umfang nutzen zu können, aktivieren Sie bitte Ihr JavaScript.
Nicht alle diese Maßnahmen kommen bei jedem Gebäude zum Einsatz, denn die Situation an den verschiedenen Flughafenstandorten ist ebenso unterschiedlich wie die Beschaffenheit der einzelnen Häuser. Welche dieser grundsätzlichen Möglichkeiten im konkreten Fall infrage kommen, lässt sich nicht pauschal sagen. Dies hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: von der konkreten Lärmbelastung, vom Aufbau der Immobilie, von der vorhandenen Bausubstanz etc.
Das gilt auch für den Einbau von Schallschutzfenstern. Wer einen Anspruch auf spezielle lärmdämmende Fenster hat, ergibt sich aus dem Fluglärmschutzgesetz und seinen weiterführenden Verordnungen. Abhängig von ihrer Lärmschutzwirkung sind schalldämmende Fenster in sechs Klassen unterteilt. Fenster der Klasse 1 weisen dabei die geringste und Fenster der Klasse 6 die höchste Schalldämmung auf. Die folgende interaktive Grafik verdeutlicht anhand einiger Lärmquellen die schalldämmende Wirkung von Schallschutzfenstern beispielhaft an den Klassen 2 und 4.
Schalldämmende Fenster
Unterschiedliche Fensterklassen sorgen auch bei hoher Lärmbelastung für hörbare Entlastung
Bitte JavaScript aktivieren!
Um die Informationsgrafiken in vollem Umfang nutzen zu können, aktivieren Sie bitte Ihr JavaScript.
Lärmdeiche lenken Fluglärm um #laermdeiche
Beobachtungen in der Umgebung des Flughafens Amsterdam Schiphol zeigten, dass der gemessene Fluglärm im Herbst bei umgepflügten Äckern weniger laut ist. Im Auftrag des Flughafens wurde deshalb ein Landschaftspark entworfen, welcher zu einer Reduzierung des Bodenlärms beiträgt und gleichzeitig Raum für Erholung und Kunst bietet. Auf einer Fläche von 33 Hektar wurden fünf Lärmdeiche angelegt, welche den Schall in Richtung Himmel lenken. Diese Bioschalldämpfer sind drei Meter hohe, keilförmige Hügel, die in einem Abstand von elf Metern angelegt wurden. Im Oktober 2013 wurde dieser Landschafts- und Kunstpark eröffnet.
Der Park soll auf 60 Hektar vergrößert werden, um den Fluglärm im Umkreis um insgesamt zehn Dezibel zu reduzieren. Dies entspricht einer Halbierung der Lautstärke für das menschliche Ohr.
Fluglärmschutzgesetz regelt Anspruch auf passiven Schallschutz #fluglaermschutzgesetz_regelt_anspruch_auf_passiven_schallschutz
Anspruch auf Lärmschutz hat einmalig, wer in einem gesetzlich festgelegten Bereich im Umfeld eines Flughafens wohnt und von Fluglärm betroffen ist. Den gesetzlichen Rahmen dafür bildet das Gesetz zum Schutz vor Fluglärm (FluLärmG) mit seinen Verordnungen. Es schreibt vor, rund um Flughäfen Lärmschutzbereiche einzurichten. Für den Tag, also die Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr, müssen zwei und für die Nacht, also die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr, eine Schutzzone ausgewiesen werden. Die Größe und Lage der drei Schutzzonen richtet sich danach, welche Schallpegel dort durch Fluglärm erreicht werden.
Lärmschutzbereiche am Flughafen Hamburg #laermschutzbereiche_am_flughafen_hamburg
Quelle: Flughafen Hamburg GmbH | Kartenmaterial: OpenStreetMap.org
Dabei bedeutet LAeq äquivalenter Dauerschallpegel, das ist ein Mittelungspegel über die während eines bestimmten Zeitraums auftretenden Einzelschallereignisse. Wird bei bestehenden Flughäfen am Tag ein äquivalenter Dauerschallpegel von 65 dB(A) oder mehr am Wohnort erreicht, dann liegt das Gebäude innerhalb der Tag-Schutzzone 1. In diesem Fall muss passiver Schallschutz in erforderlichem Umfang gewährleistet werden. Für die Frage, ob eine Wohneinheit innerhalb der Nacht-Schutzzone liegt, wird neben dem äquivalenten Dauerschallpegel von 55 dB(A) ein zusätzliches Kriterium herangezogen: Wenn es rechnerisch im Innenraum häufiger als sechs mal pro Nacht lauter ist als 57 dB(A) – das entspricht einem Außenpegel von 72 dB(A) –dann bestehen ebenfalls Erstattungsansprüche. Eigentümer von Wohnungen oder Grundstücken innerhalb der Tag-Schutzzone 1 beziehungsweise der Nacht-Schutzzone haben einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für erforderliche Schallschutzmaßnahmen.
Handelt es sich um einen Flughafenneubau oder um eine wesentliche Erweiterung eines bestehenden Flughafens, dann gelten niedrigere Grenzwerte – der Anspruch auf die Erstattung von passiven Schallschutzmaßnahmen wird also bereits bei einem niedrigeren Lärmpegel ausgelöst. In diesem Fall können Anspruchsberechtigte in der Tag-Schutzzone 1 darüber hinaus eine Entschädigung für Beeinträchtigungen im Außenwohnbereich beantragen, also etwa bei Balkon oder Terrasse.
Lärmschutzzonen für das Flughafenumfeld #laermschutzzonen_fuer_das_flughafenumfeld
Fluglärmschutzgesetz definiert drei Schutzzonen
Quelle: Fluglärmschutzgesetz (FluLärmG)
Vom Antrag bis zur Erstattung der Kosten #vom_antrag_bis_zur_erstattung_der_kosten
Wie die Anwohner ihren Anspruch geltend machen können, unterscheidet sich von Flughafen zu Flughafen. Entweder greift das Prinzip der Kostenerstattung, bei dem der Hausbesitzer die Kosten für die Baumaßnahmen zunächst auslegt und diese im Anschluss erstattet bekommt, oder er reicht die Rechnungen ein und diese werden dann zunächst von der zuständigen Behörde bezahlt. Diese Kosten reicht die Behörde dann weiter an den Flughafenbetreiber, denn er ist nach dem Gesetz zur Zahlung der Aufwendungen verpflichtet.
Die folgende Grafik skizziert grob einen Ablauf. Die einzelnen Schritte sowie deren Reihenfolge können hiervon jedoch abweichen.
Vom Antrag bis zur Schallschutzmaßnahme – am Beispiel Bremen #vom_antrag_bis_zur_schallschutzmassnahme
Quelle: Flughafen Bremen GmbH
Weiterführende Informationen
- Schallschutzprogramm des Flughafens Berlin Brandenburg
- Schallschutzprogramm des Flughafens Bremen
- Schallschutzprogramm des Flughafens Düsseldorf
- Schallschutzprogramm des Flughafens Hamburg
- Schallschutzprogramm des Flughafens Köln/Bonn
- Übersicht Förderprogramme (PDF)
- Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG)
- Website des Schalldämmlüfters