Lärm ist definiert als unerwünschter Schall und hat als solcher ...
Beitrag lesenWas ist eigentlich Lärm?
Physikalische Grundlagen
AC/DCs Highway To Hell, eine Arie im Opernhaus – für die einen ein Ohrenschmaus, für die anderen schier unerträglich. Jeder empfindet Geräusche anders. Wann aus Schall Lärm wird, ist höchst subjektiv. Entsprechend schwierig ist es auch, Lärm nach objektiven Kriterien zu definieren. Fest steht nur: Je lauter ein Geräusch, desto eher wird es als unangenehm wahrgenommen.
Schallwellen sorgen dafür, dass der Mensch Geräusche überhaupt wahrnehmen kann. Als Schall bezeichnet man Luftdruckschwankungen, die durch Schwingungen einer Schallquelle entstehen und sich wellenförmig ausbreiten: Durch Wind, der Wirbel in der Luft erzeugt. Durch unsere Stimmbänder oder die eines bellenden Hundes. Oder auch durch eine vibrierende Stimmgabel, von der aus sich kleinste Druck- und Dichteschwankungen in der Luft ausbreiten. All das wird vom menschlichen Ohr als Schall wahrgenommen.
Von der Schallwelle zum Geräusch #von-der-schallwelle-zum-geraeusch
Schall ist nicht gleich Schall. Akustiker unterscheiden zwischen Ton, Klang und Geräusch. Eine gleichförmige Schallwelle – wie von der erwähnten Stimmgabel ausgehend – ergibt einen reinen Ton. Dies kommt in der Natur jedoch selten vor, da sich meist mehrere Schallwellen überlagern. Ein Klang entsteht, wenn Schallwellen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, zum Beispiel bei einem singenden Chor. Sind die Schallwellen unregelmäßig und überlagern sich, entsteht ein Geräusch. Ähnlich wie bei dem musikalischen Durcheinander vor einem Konzert, wenn Orchestermusiker ihre Instrumente stimmen.
Wo Dezibel und Hertz zusammentreffen #wo-dezibel-und-hertz-zusammentreffen
Wie laut Menschen ein Geräusch empfinden, hängt auf der einen Seite vom Schalldruck ab, der in Dezibel (dB) gemessen wird, und auf der anderen Seite von der Tonhöhe. Diese wird als Frequenz, also als Anzahl der Luftdruckschwankungen pro Sekunde, in Hertz (Hz) angegeben. Je höher die Frequenz, umso höher nehmen wir Menschen ein Geräusch wahr.
Das menschliche Ohr ist ein sehr komplexes Organ, das tiefe und sehr hohe Töne weniger laut empfindet als Töne mittlerer Frequenz. Dies führt dazu, dass wir Töne verschiedener Frequenzen mitunter als gleich laut empfinden, obwohl sie – physikalisch gesehen – unterschiedliche Schalldruckpegel haben. Wie laut ein Geräusch empfunden wird, lässt sich also immer nur aus dem Zusammenspiel beider Größen ableiteten. Die Grafik verdeutlicht dies: Die grünen Kurven in der Grafik sind Töne, die wir trotz unterschiedlicher Frequenz und unterschiedlichem Schalldruckpegel als gleich laut wahrnehmen.
Wie Schalldruckpegel und Frequenz zusammenhängen #wie-schalldruckpegel-und-frequenz-zusammenhaengen
Tiefe und hohe Töne können gleich laut empfunden werden
Geräusche miteinander vergleichen #geraeusche-miteinander-vergleichen
Um das komplexe Schallempfinden des menschlichen Gehörs mit Messgeräten nachempfinden zu können, nutzen Wissenschaftler auf der ganzen Welt den sogenannten A-Bewertungsfilter. Weil wir sehr hohe Töne und – trotz hohem Schallpegel – tiefe Töne als eher leise empfinden, werden sie durch diesen Filter entsprechend gewichtet. Das Ergebnis sind bewertete Schalldruckpegel mit der Einheit dB(A). Der Bewertungsfilter ermöglicht es, das Lautstärkeempfinden bei verschiedenen Geräuschen miteinander zu vergleichen. Normales Atmen misst zum Beispiel 10 dB(A), ein Gespräch in ruhiger Umgebung 60 dB(A), ein Presslufthammer schon 100 dB(A). Wer damit arbeitet, benötigt einen Gehörschutz.
Bei dem Vergleich ist zu beachten, dass die Skala nicht linear, sondern logarithmisch verläuft, weil dies der Umsetzung des akustischen Reizes zum Sinneseindruck durch das Ohr entspricht. Dies führt dazu, dass das menschliche Gehör eine Änderung des Schalldruckpegels um +10 dB(A) als Verdoppelung der Lautstärke wahrnimmt. Ein Flugzeug des Typs A319 hört sich beim Überflug in Höhe von 500 Metern mit 70 dB(A) also etwa doppelt so laut an wie ein normales Gespräch im Abstand von 1 Meter mit 60 dB(A).
Maximaler Schalldruckpegel verschiedener Geräusche im Vergleich #lautstaerke-verschiedener-geraeusche-im-vergleich
Um den spezifischen Merkmalen von Fluglärm gerecht zu werden, hat die UN-Luftfahrtorganisation ICAO eine zusätzliche Messgröße eingeführt. Diese kommt unter anderem weltweit bei der Zulassung von neuen Flugzeugtypen zum Einsatz. Der sogenannte effektiv wahrgenommene Lärmpegel (Effective Perceived Noise Level) wird in EPNdB angegeben. Bei dieser Messgröße werden die charakteristischen Eigenschaften von Flugzeuggeräuschen deutlich stärker berücksichtigt, zum Beispiel deutlich hervortretende Einzeltöne von den Triebwerken. Diese Geräuschanteile werden zusätzlich bewertet und führen zu einem Aufschlag beim Lärmpegel. Diese von vielen Menschen als unangenehm empfundenen Geräuschanteile schlagen also negativ zu Buche. Aufgrund dieser besonderen Bewertung von hervortretenden Tönen bei Flugzeugen ist eine Umrechnung zwischen dB(A) und EPNdB nicht möglich.
Wahrnehmung von Lärm ist subjektiv #wahrnehmung-von-laerm-ist-subjektiv
Laut einer gängigen Definition versteht man unter Lärm unerwünschte, störende und belästigende Geräusche, die geeignet sind, das Wohlbefinden eines Menschen zu beeinträchtigen. Was einfach klingt, erweist sich in der Praxis als vielschichtig, denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Geräusche. Ob ein Schallereignis als Lärm wahrgenommen wird, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel von der Situation: Wird Musik auf einer Privatparty gespielt, wird die Geräuschkulisse von den Gästen meist als angenehm und passend empfunden. Niemand käme auf die Idee, das als unzumutbaren Lärm anzusehen, solange ein gewisser Pegel nicht überschritten wird. Dröhnt dieselbe Musik jedoch mitten in der Nacht aus der Nachbarwohnung ins eigene Schlafzimmer, werden die meisten Menschen diese als Lärm wahrnehmen. Auch persönliche Interessen und die konkrete Lebenssituation spielen bei der Bewertung von Geräuschen eine große Rolle. So wird ein Flughafenmitarbeiter die Geräusche von Flugzeugen aufgrund seines beruflichen Hintergrunds vermutlich als weniger störend empfinden als andere Menschen. Und frisch gebackene Eltern würden das Schreien ihrer Kinder wohl nie Lärm nennen.
Die Bewertung von Schallimmissionen durch das menschliche Gehirn ist ein zutiefst subjektiver Vorgang mit vielen Einflussfaktoren. Dabei hängt die Wirkung eines Geräuschs nicht nur von akustischen Merkmalen wie Lautstärke, Dauer und Häufigkeit ab, sondern auch vom Zeitpunkt des Auftretens, von der Ortsüblichkeit, von der Geräuschempfindlichkeit des Betroffenen und von der Einstellung des Betroffenen zur Geräuschquelle.
Erst wenn ein Mensch den auf ihn wirkenden Schall als Beeinträchtigung empfindet, spricht man von Lärm. Doch bei allen Unbekannten, eines ist sicher: Mit steigender Lautstärke steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen ein Geräusch als Lärm einstufen.