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NORAH-Studie

Die NORAH-Studie untersuchte, wie sich Verkehrslärm auf die Gesundheit und die Lebensqualität von Menschen auswirkt. Sie ist eine der umfassendsten Studien zu diesen Effekten. Fast fünf Jahre lang haben acht wissenschaftliche Institutionen und ein Ingenieurbüro geforscht.

NORAH-Studie

Schwerpunkt der Studie war das Rhein-Main-Gebiet rund um den Flughafen Frankfurt. Da dort im Jahr 2011 eine neue Landebahn in Betrieb genommen, das Nachtflugverbot ausgeweitet sowie einige Abflugrouten und -verfahren verändert wurden, konnten die Folgen einer veränderten Fluglärmbelastung in diesem Gebiet gut untersucht werden. Vergleichsuntersuchungen fanden auch an den Flughäfen Berlin, Stuttgart und Köln/Bonn statt.

Die NORAH-Studie (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) ist in drei Forschungsschwerpunkte mit fünf Teilstudien aufgegliedert. Die Lebensqualitätsstudie untersuchte durch Befragung, welche Lärmbelastungen sich wie stark auf die subjektive Lärmbelästigung und Lebensqualität von Menschen, die in der Nähe des Flughafens leben, auswirken. Die Studie zu Krankheitsrisiken erforschte, ob Herz-Kreislauferkrankungen oder Depressionen unter dem Einfluss von Lärm häufiger auftreten. Die Blutdruckstudie untersuchte den Zusammenhang zwischen der Höhe des Blutdrucks und Lärm. In der Schlafstudie wurde der Einfluss des Schallpegels im Schlafzimmer auf die Schlafqualität gemessen. Modul 3, die NORAH-Kinderstudie, analysierte, wie sich Fluglärm auf die Entwicklung von Kindern auswirkt.

Forschungsaspekte der Lärmwirkungsstudie NORAH #ueberblick_laermwirkungsstudie_norah

Die NORAH-Studie soll neue Erkenntnisse der Fluglärmwirkung in den drei Bereichen Lebensqualität, Gesundheit und Entwicklung liefern

Quelle: Forschungskonsortium der NORAH-Studie

Ergebnisse der NORAH-Lebensqualitätsstudie #norah_studie_lebensqualitaet

Um näher zur ergründen, welcher Lärm die Menschen wie stark belästigt, näherte sich die Lebensqualitätsstudie dem Thema Verkehrslärm aus drei Richtungen. Zum einen wurde in einem Zeitvergleich untersucht, wie sich die erlebte Belästigung von Betroffenen entwickelt, wenn ein Flughafenausbau ansteht beziehungsweise stattgefunden hat. Zum zweiten wurde in einem Standortvergleich betrachtet, wie es um die Lebensqualität und Belästigung der Menschen im Umfeld von insgesamt vier deutschen Flughäfen stand. Und es wurde in einem Quellenvergleich ermittelt, ob Flug-, Straßen- und Schienenlärm unterschiedlich wirken und was passiert, wenn sie zusammentreffen.

Um all diese Fragen zu beantworten wurden in drei aufeinanderfolgenden Jahren mehrere Tausend Menschen im Rhein-Main-Gebiet befragt, wie sie ihre Lebensqualität einschätzen und ob sie unter Verkehrslärm leiden. Die erste Befragung fand 2011 statt, also noch bevor die neue Landebahn Nordwest in Betrieb genommen wurde. Die zweite und dritte Befragung folgten 2012 und 2013. Zusätzlich berechneten Akustik-Experten adressgenau, wie viel Lärm am Wohnsitz der Studienteilnehmer ankam – sowohl vor Eröffnung der Landebahn Nordwest als auch danach.

Laut NORAH ist die Lebensqualität der Menschen in der Rhein-Main-Region insgesamt hoch und teilweise sogar höher als im Bundesdurchschnitt. Allerdings fühlen sich die Studienteilnehmer stark durch Fluglärm belästigt. Die Studienergebnisse legen jedoch den Schluss nahe, dass das Belästigungsempfinden nur in geringem Maß vom Lärmpegel und damit von der Anzahl der Flugbewegungen beeinflusst wird, sondern vielmehr stark von subjektiven Faktoren der Befragten abhängt. Diese Faktoren umfassen etwa die Erwartungen an zukünftige Lärmsituationen, das Vertrauen in die Lärmverantwortlichen oder die bewertete Nützlichkeit des Luftverkehrs. Vereinfacht gesagt: Weniger Flugbewegungen würden nicht automatisch zu einem geringeren Belästigungsempfinden führen. Hingegen würde ein ausgewogener und sachlicher Dialog auf Basis der nun vorliegenden Erkenntnisse eine gute Plattform dafür bieten, um das Vertrauen zu erhöhen und damit langfristig das Wohlbefinden der Menschen zu steigern.

NORAH-Film zur Lebensqualitätsstudie #norah_film_lebensqualitaetsstudie

Ergebnisse der NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken #norah_studie_krankheitsrisiken

Mit dieser Untersuchung sollten die sogenannten Expositions-Wirkungs-Beziehungen für alle untersuchten Krankheitsbilder möglichst genau bestimmt werden. Das heißt, es wurde untersucht, bei welcher Verkehrslärmbelastung das Krankheitsrisiko wie stark ansteigt. Um diese Zusammenhänge aufzudecken, wurde ein sehr großes Gebiet untersucht. Erst der Einbezug stärker und weniger stark mit Lärm belasteter Regionen ermöglicht es, die gestellten Forschungsfragen zu beantworten. Dafür wurden die Daten von etwa einem Viertel der Bevölkerung in dem rund 9.000 Quadratkilometer großen Untersuchungsgebiet in der Rhein-Main-Region ausgewertet. Drei große Krankenkassen stellten zu diesem Zweck die entsprechenden Daten der Versicherten zur Verfügung – natürlich ohne die Nennung von Namen, Adressen oder anderen identifizierenden Angaben. Bereits zuvor hatte das Akustik-Team von NORAH die individuelle Lärmbelastung für alle Wohnadressen im Untersuchungsgebiet ermittelt. Mit diesem hohen Aufwand wollten die Wissenschaftler Wissenslücken schließen, die in bisherigen Verkehrslärmstudien offengeblieben waren: Sie wollten ermitteln, inwiefern Verkehrslärm das Risiko erhöht, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, an Brustkrebs oder unter Depressionen zu leiden.

Die Studie konnte keine Risikoerhöhung für Schlaganfälle oder eine Erhöhung der Herzfrequenz durch eine Belastung durch Fluglärm feststellen. Zudem wurde generell auch kein signifikanter Zusammenhang zwischen Fluglärm und dem Herzinfarktrisiko festgestellt. Insgesamt wurde damit die zentrale Forschungshypothese der Studie – eine Ursache-Wirkungskette zwischen Fluglärm, Blutdruckerhöhung und den daraus resultierenden Krankheiten – nicht bestätigt.

Allerdings haben die Wissenschaftler diesen Zusammenhang bei der Herzinsuffizienz entdeckt: Pro zehn Dezibel dauerhafter Geräusche von Flugzeugen stieg das Risiko, daran zu erkranken um 1,6 Prozent. Die Studie hat auch einen Zusammenhang zwischen allen drei untersuchten Verkehrslärm-Arten (Fluglärm, Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm) und dem Risiko einer Depression festgestellt. Die genauen Risikofaktoren für Depressionen, wie zum Beispiel die persönliche familiäre Belastung, wurden in dieser Studie allerdings nicht berücksichtigt. Den Schluss, wonach Verkehrslärm im Sinne eines Auslösers für das Entstehen der Erkrankung verantwortlich wäre, ist daher in dieser Form nicht aus den Studienergebnissen ableitbar.

NORAH-Film über die Studie zu Krankheitsrisiken #norah_film_studie_krankheitsrisiken

Ergebnisse der NORAH-Blutdruckstudie #norah_studie_blutdruck

Die Wissenschaftler waren vor NORAH davon ausgegangen, dass auftretender Lärm, also etwa ein vorbeifliegendes Flugzeug, zu einer körperlichen Reaktion führen kann. In diesem Fall verengen sich beispielsweise unsere Blutbahnen, was wiederum zu einem Anstieg des Blutdrucks führt. Auch unsere Herzfrequenz steigt; das Blut wird schneller durch unseren Körper gepumpt.– Laute Geräusche oder Lärm versetzen uns in Alarmbereitschaft, eine Reaktion, die genetisch veranlagt ist. Der Körper ist in diesem Zustand leistungsfähiger, wir reagieren schneller. Durch die immer wieder auftretenden Fluggeräusche sollten diese natürlichen Vorgänge – künstlich ausgelöst – zu einer andauernden Blutdruckerhöhung führen.


Die Wissenschaftler baten mehr als 1000 Personen aus dem Umfeld des Flughafens zum Test. Insgesamt 844 Menschen maßen über einen Zeitraum von drei Wochen nach genauer Anleitung täglich ihren Blutdruck. Ein Jahr später wurde die gesamte Versuchsreihe zum Vergleich wiederholt. Im Ergebnis ergaben sich keine Unterschiede zu den bekannten Durchschnittswerten der Bundesbürger. Sowohl die Systole, also der Blutdruck während der Pumpphase des Herzens, als auch die Diastole (Druck in den Blutgefäßen, wenn das Herz danach erschlafft) entsprachen den Werten, die man von anderen, jeweils gleichaltrigen Personen in Gebieten ohne Flughafen kennt. Darüber hinaus gab es auch keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Geräuschpegel zum Zeitpunkt der Messung und den Blutdruckwerten der Studienteilnehmer.


Die These, dass es einen Wirkungszusammenhang zwischen Fluglärm und dauerhaft hohem Blutdruck gibt, konnte NORAH also nicht bestätigen. Warum ist das entscheidend? Dauerhafter Bluthochdruck kann als Folge nach sich ziehen, dass die Betroffenen schwere Herzkreislauferkrankungen wie zum Beispiel einen Herzinfarkt erleiden.

NORAH-Film zur Blutdruckstudie #norah_film_blutdruckstudie

Ergebnisse der NORAH-Schlafstudie #norah_schlafstudie

In der NORAH-Schlafstudie haben die Wissenschaftler den Schlaf von Anwohnern der Region bzw. des Flughafens über einen Zeitraum von drei Jahren nachts untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass die Betroffenen insgesamt eine hohe Schlafqualität haben, die mit Regionen ohne Fluglärm vergleichbar ist. Die Werte für Gesamtschlafdauer, die Dauer bis zum Einschlafen und die Schlafeffizienz zeigen dies auf. Seit der Einführung des Nachtflugverbotes für den Frankfurter Flughafen wachen die Bewohner aufgrund des geringeren Verkehrsaufkommens seltener auf. Objektiv hat sich der Schlaf verbessert, selbst wenn Anwohner teilweise über eine subjektive Verschlechterung ihres Schlafes im Laufe der Jahre klagen. Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass die Einstellung eine Rolle spielt: Wer dem Luftverkehr generell kritisch gegenüber steht, schläft eher schlecht, braucht länger zum Einschlafen und verbringt weniger Zeit im Tiefschlaf als ein Befürworter.

Dr. Uwe Müller Lärmwirkungsforscher im Interview

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NORAH-Film zur Schlafstudie #norah_film_schlafstudie

Ergebnisse der NORAH-Kinderstudie #norah_kinderstudie

Bereits im November 2014 wurden die Ergebnisse der NORAH-Kinderstudie vorgestellt. Untersucht wurde die Wirkung einer dauerhaften Fluglärmbelastung auf die Leseleistung und die sprachlichen Vorläuferfertigkeiten des Lesens wie die Sprachwahrnehmung oder die Lautunterscheidung, sowie auf die Lebensqualität von Grundschulkindern. An der Studie, deren Datenerhebung im Frühjahr 2012 erfolgte, hatten 29 Schulen im Rhein-Main-Gebiet mit 1.243 Zweitklässlern, 1.185 Eltern und 85 Lehrkräften teilgenommen.

Um valide Ergebnisse zu erhalten, mussten die Wissenschaftler auch Faktoren berücksichtigen, die neben dem Fluglärm Einfluss auf die Lesefähigkeit und die Lebensqualität haben. Ausgewertet wurden daher auch Parameter wie Sozialstatus, Deutschkenntnisse der Kinder, Migrationshintergrund und die Belastung durch andere Lärmquellen wie Straßen- und Schienenverkehr oder die Akustik in den Klassenzimmern.

Der Einfluss von Fluglärm auf die Lesefähigkeiten von Kindern ist messbar, insgesamt aber gering. Deutlich stärker wirken andere Faktoren, wie beispielsweise sozioökonomische Einflüsse oder Rahmenbedingungen des Unterrichts. Ein Anstieg der Fluglärmbelastung um zehn Dezibel – d.h. eine Verdopplung des Lärms – bedeutet einen Rückstand in der Leseentwicklung von etwa einem Monat. In vergleichsweise hoch betroffenen Gebieten kann das zu einer Leseverzögerung von zwei Monaten führen. Zur Einordnung der Studie wurde darauf hingewiesen, dass die Anzahl von Kinderbüchern im Haushalt oder die bestehenden Deutschkenntnisse einen wesentlich höheren Einfluss auf die Lesefähigkeiten haben. Die Wissenschaftler selbst stufen die Erkenntnisse als gesichert, aber von moderater Bedeutung ein.

Darüber hinaus lassen sich aus der NORAH-Studie keine Aussagen ableiten, wie sich diese Auswirkungen in den weiteren Lebensjahren der Kinder verändern: ob die Kinder den Rückstand aufholen oder ob sich die Verzögerung noch stärker auswirkt. Dazu wäre eine Längsschnittstudie nötig.

Nicht bestätigen konnte die Studie die bisher in der Wissenschaft gängige Annahme, dass Fluglärm direkte Auswirkungen auf die sogenannten Vorläuferfähigkeiten des Lesens wie etwa das Verstehen von Worten oder das Hören von Silben hat.

Die in der NORAH-Studie befragten Eltern und Kinder berichteten von einer durchgehend hohen Lebensqualität im Rhein-Main-Gebiet. Das gilt auch für Kinder in vergleichsweise höher fluglärmbelasteten Gebieten – sie bewerten ihre gesundheitliche Lebensqualität im Durchschnitt nur minimal niedriger als ihre Altersgenossen in weniger betroffenen Gebieten.

Störungen des Unterrichts durch Fluglärm sind nachweisbar, wobei in der Studie die seit dem Studienzeitpunkt im Jahr 2012 gemachten Fortschritte beim aktiven und passiven Lärmschutz noch nicht berücksichtigt wurden. Nach Auskunft der Schulleitungen wechseln Kinder aus stark fluglärmbelasteten Grundschulen dennoch genauso häufig auf das Gymnasium wie Kinder, die in weniger belasteten Regionen zur Schule gehen.

In Gebieten mit vergleichsweise hohen Dauerschallpegeln berichteten Eltern über eine höhere Anzahl an diagnostizierten Sprach- und Sprechstörungen sowie Medikamentenverordnungen. Das Studiendesign lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob dies  auf den Fluglärm zurückzuführen ist. Studien mit vergleichbaren Fragestellungen haben jedoch gezeigt, dass die Medikamenteneinnahmequote im gesamten Bundesgebiet deutlich über der Einnahmequote in den NORAH-Regionen liegt. Auch auftretende Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern bis 14 Jahren liegen im Rhein-Main-Gebiet unter dem Bundesdurchschnitt.

NORAH-Film über die Kinderstudie #norah_film_kinderstudie

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